Gründer FAQ: Wissenswertes zu Mindestlohn und Mindestarbeitsbedingungen
Wer hat in Deutschland Anrecht auf den gesetzlichen Mindestlohn?


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Was musst du bei der Lohnzahlung beachten? Dabei hilft dir unser Gründer-Ratgeber zum gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
- Gesetzlicher Mindestlohn 2022: Alles was Gründer wissen müssen
- Gesetzlicher Mindestlohn 2022 – Das ändert sich
- Mindestarbeitsbedingungen
- Der Mindestlohn in Europa
- Häufige Fragen (FAQ) zu gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland
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Grundsätzlich können Arbeitsentgelte sowie sonstige Arbeitsbedingungen autonom zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgehandelt werden. Dennoch können die Parteien an zwingende Lohnunterbegrenzungen und weitere Mindestarbeitsbedingungen gebunden sein. Damit du dir einen besseren Überblick verschaffen kannst, stellt dieser Artikel verschiedene rechtliche Mindestarbeitsbedingungen, insbesondere gesetzliche Mindestlöhne dar, die in Deutschland gelten und der Praxis daher zu beachten sind. Um dir einen besseren Überblick über die Thematik zu verschaffen beantworten wir in diesem Gründer FAQ folgende Fragen zur aktuellen Rechtslage rund um das Thema gesetzlicher Mindestlohn 2022:
- Was meint gesetzlicher Mindestlohn?
- Gibt es Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn?
- Gibt es einen Mindestlohn oberhalb des gesetzlichen Mindestlohn?
- Was sind Branchenmindestlöhne?
- Wann steigt der Mindestlohn?
- Was sind Mindestarbeitsbedingungen?
Gesetzlicher Mindestlohn 2022: Alles was Gründer wissen müssen
Den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es in Deutschland seit dem 1. Januar 2015. Er gilt als große Errungenschaft in Deutschland für mehr soziale Gerechtigkeit. Wir erklären dir, was es damit genau auf sich hat.
Definition: Mindestlohn
In der Wirtschaft wird mit Mindestlohn ein durch Gesetz oder Tarifvertrag festgelegtes Arbeitsentgelt beschrieben. Dieses gilt dann als Lohnuntergrenze für Arbeitsleistung und darf nicht unterschritten werden. Abweichende Vereinbarungen über niedrigere Löhne sind also unwirksam. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Arbeitnehmer dennoch seinen Anspruch auf den Mindestlohn geltend machen kann.
Seit dem 1. Januar 2015 gilt aufgrund des Mindestlohngesetzes (MiLoG) für alle Arbeitnehmer ein allgemein verbindlicher gesetzlicher Mindestlohn. Der Mindestlohn ist seit der Einführung kontinuierlich gewachsen. Aktuell beläuft sich seit dem 1. Juli 2021 auf 9,60 Euro brutto je Stunde Arbeitszeit.
Ob die Vorschriften zum Mindestlohn eingehalten werden, prüft in Deutschland dann das Zollamt. Bei Missachtung drohen laut § 21 MiLoG Geldbußen bis zu 500.000 Euro.
Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn
Ja, vom gesetzlichen Mindestlohn gibt es Ausnahmen, die größtenteils jedoch heftig diskutiert werden. Keinen Anspruch auf Mindestlohngesetz haben:
- Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz,
- Pflichtpraktikanten,
- ehrenamtlich Tätige sowie Personen, die einen freiwilligen Dienst ableisten,
- Teilnehmer an einer Maßnahme der Arbeitsförderung,
- Selbstständige,
- Langzeitarbeitslose innerhalb der ersten sechs Monate nach Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.
Besonderheit: Branchenmindestlohn
Es gibt in mehreren Branchen speziell festgesetzte Branchenmindestlöhne. Diese gelten gemäß § 1 Abs. 3 MiLoG generell vor dem Mindestlohn, wenn sie höher als der allgemeine Mindestlohn sind. Ein Branchenmindestlohn kennzeichnet sich dadurch, dass eine verbindliche unterste Lohngrenze für eine bestimmte Branche gilt. Diese wurde zuvor in Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt und anschließend für allgemeinverbindlich erklärt. Zu Branchen in diesem Sinne zählen etwa:
- die Abfallwirtschaft,
- die Zeitarbeit,
- der berufliche Aus- und Weiterbildungssektor,
- teilweise das Baugewerbe,
- diverse Handwerksgewerbe,
- die Pflegebranche,
- und das Sicherheitsgewerbe an Verkehrsflughäfen.
Geringfügig Beschäftigte bzw. Minijobber
Geringfügig Beschäftigte, oder auch Minijobber, gelten als Arbeitnehmer. Daher steht auch ihnen der gesetzliche Mindestlohn zu. Sofern ein Minijobber bereits durch den derzeit geltenden Mindestlohn die 450 Euro-Grenze erreicht hat, so wird er im kommenden Jahr sozialversicherungspflichtig. Denn trotz gleichbleibender Arbeitszeit übersteigt das Arbeitsentgelt dann die 450 Euro im Monat. Soll die Beschäftigung weiter als Minijob ausgeführt werden, so muss als Konsequenz die monatliche Arbeitszeit im Jahr 2022 wie folgt reduziert werden:
- ab 1. Januar.2022 auf 45,82 Stunden pro Monat
- ab 1. Juli 2022 auf 43,06 Stunden pro Monat
Gesetzlicher Mindestlohn 2022 – Das ändert sich
So wurde der gesetzliche Mindestlohn für 2021 und 2022 festgelegt
Mit der Anpassung der Mindestlohnanpassungsverordnung wird der Mindestlohn per Gesetz zum 1. Januar 2021 zunächst auf 9,50 Euro brutto je Zeitstunde angehoben und steigt dann schrittweise zum 1. Juli 2021 auf brutto 9,60 Euro, zum 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf brutto 10,45 Euro.
Der gesetzliche Mindestlohn soll 2022 auf 12 Euro steigen
Doch damit ist es nicht vorbei: Nach einem Gesetzesentwurf de neuen Bundesregierung soll der gesetzliche Mindestlohn im Oktober 2022 erneut steigen und zwar auf 12 Euro. Gleichzeitigt soll die Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte auf 520 Euro angehoben werden. Das hatten SPD und die Grünen im Wahlkampf versprochen. Zudem wird wie auch in den Jahren zuvor eine Mindestlohnkommission über künftige Anhebungen entscheiden.
Gehalt prüfen mit dem Mindestlohn-Rechner
Mit Hilfe des Mindestlohnrechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kannst du übrigens das Monatsgehalt deiner Mitarbeiter, basierend auf Stundenlohn und Arbeitszeit, berechnen. Dadurch erhältst du leichter einen Überblick, ob du die gesetzlichen Mindestvorgaben erfüllst.
Mindestarbeitsbedingungen
Es gibt außerdem unzählige Vorschriften, die Bestimmungen über zwingenden Mindestarbeitsbedingungen enthalten. Dazu zählen etwa das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und das Mindestarbeitsgesetz. Doch auch in anderen Gesetzen – etwa dem Bürgerlichen Gesetzbuch – finden sich Regelungen in Bezug hierzu. So müssen Arbeitgeber, ganz einerlei ob mit Sitz im In- oder Ausland, die Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen, die Arbeitsbedingungen gewähren, die in Deutschland allgemein festgelegt sind. Nachfolgend findest du Informationen zu sämtlichen wichtigen Mindestarbeitsbedingungen.
Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsdauer
Grundsätzlich hat jeder in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer jährlich einen Anspruch auf Erholungsurlaub. Daneben besteht ein Mindestanspruch auf Urlaubsentgelt. Je nach Branche gibt es zusätzlich Anspruch auf ein zusätzlich gezahltes Urlaubsgelt.
- Das Urlaubsentgelt ist die Entgeltfortzahlung während des Erholungsurlaubs. Der Anspruch ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG).
- Die Urlaubsdauer beträgt nach dem BUrlG jährlich mindestens 24 Werktage. In bestimmten Branchen regeln Tarifverträge nach den §§ 3 ff. Arbeitnehmer-Entsendegesetz eine höhere Dauer des Anspruchs auf Erholungsurlaub.
- In manchen Branchen haben Arbeitnehmer nach den §§ 3 ff. Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) Anspruch auf ein zusätzlich zum Urlaubsentgelt gezahltes Urlaubsgeld. Dieses darf nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.
Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Entgegen dem Grundsatz „Ohne Arbeit, kein Lohn“ besteht bei Arbeitsunfähigkeit zum Beispiel bei Krankheit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch besteht für maximal sechs Wochen für jede neue Erkrankung. Diese Regelung ist zwingend und kann nicht via Vertrag ausgeschlossen werden.
Überstundenzuschläge und weitere über den Mindestlohn hinausgehende Entlohnungsbestandteile
Manche Arbeitnehmer haben über den Mindestlohn hinaus Anspruch auf die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder in bundesweiten, für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen geregelte Entlohnung einschließlich der Überstundensätze. Zur Entlohnung zählen sowohl die Grundvergütung, einschließlich Entgeltbestandteilen, die an die Art der Tätigkeit, Qualifikation und Berufserfahrung der Arbeitnehmer und die Region anknüpfen, sowie Zulagen, Zuschläge und Gratifikationen, einschließlich der Überstundensätze. Überstundenzuschläge sind Arbeitsbedingungen im Sinne von § 5 Nr. 1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Ob ein Arbeitgeber zur Gewährung von Überstundenzuschlägen verpflichtet ist, kann dem Tarifvertrag entnommen werden. Auch die jeweilige Höhe der Überstundensätze ergibt sich aus dem Tarifvertrag.
Zulagen und Kostenerstattung
Je nach Tätigkeit sind Arbeitgeber zum Beispiel zur Deckung von Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten aufgrund beruflich veranlasster Auswärtstätigkeiten verpflichtet. Hier empfiehlt sich ein Blick ins Bürgerliche Gesetzbuch: Gemäß § 670 BGB, der auf Arbeitsverhältnisse entsprechend angewendet wird, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer Aufwendungen zu erstatten. Hierbei ist es möglich, eine Pauschalierung beispielsweise in Reisekostenrichtlinien vorzusehen.
Der Mindestlohn in Europa
Nicht nur in Deutschland ist das Thema Mindestlohn von großem Interesse, auch der Blick nach Europa verrät, dass sich bereits die überwiegende Anzahl der Mitgliedsstaaten hiermit auseinandergesetzt hat.
Mit dem höchsten Mindestlohn kann nach aktuellem Stand Luxemburg mit 13,05 Euro pro Stunde überzeugen, gefolgt von den Niederlanden mit 10,58 Euro/Stunde. Diesen zweiten Platz wird Deutschland den Niederlanden ab dem 1. Oktober 2022 jedoch streitig machen, denn ab diesem Stichtag erhöht sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland auf 12,00 Euro. Die Niederlande rutschen dann auf den dritten Platz, gefolgt von Frankreich mit einem Mindestlohn von 10,57 Euro. Nach aktuellem Stand gilt ein gesetzlicher Mindestlohn bereits in 21 der insgesamt 27 EU-Mitgliedsstaaten. Insgesamt sechs der EU-Länder vertrauen hinsichtlich des Lohns auf tarifliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften.
Häufige Fragen (FAQ) zu gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland
Aktuell beträgt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland 9,60 Euro pro Stunde. Er steigt dann zum 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro.
Zum 1. Juli 2022 wird der Mindestlohn per Gesetz auf 10,45 Euro brutto je Zeitstunde angehoben. Das entspricht einer Arbeitszeit vom 43,06 Stunden pro Monat.
Mit der Anpassung der Mindestlohnanpassungsverordnung wird der Mindestlohn per Gesetz zum 1. Januar 2022 auf brutto 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf brutto 10,45 Euro angehoben. Zusätzlich soll der gesetzliche Mindestlohn ein weiteres mal zum 01. Oktober 2022 erhöht werden.
Sofern im Tarifvertrag ein branchenspezifischer Mindestlohn festgesetzt wurde müssen sich Arbeitgeber daran halten. Regelmäßig sehen Tarifverträge für eine Branche höhere Entgeltgruppen vor. Wer die Voraussetzungen für diese erfüllt, dem stehen nach dem Tarifvertrag in der Regel auch diese Entgelte zu.
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Über den Autor

Luisa Kleinen
Luisa wurde 1996 in Bonn geboren und studierte nach ihrem Abitur Rechtswissenschaften mit Abschluss des ersten Staatsexamen (Schwerpunkt Internationales Strafrecht und Medienstrafrecht) an der Universität zu Köln. Parallel zu ihrem Studium war sie einige Jahre als Studentische Hilfskraft in der Forschungsstelle für Medienrecht an der TH-Köln tätig. Dadurch erhielt sie einen tiefen Einblick in das Medien-, IT- und Datenschutzrecht und sammelte erste redaktionelle Erfahrungen. Später arbeitete sie als Assistenz der Geschäftsführung in einem Gastronomiebetrieb und erweiterte hier ihre Kenntnisse im Personal- und Projektmanagement. Nach ihrem Praktikum in der Redaktion von Gründer.de, ist sie seit Juli 2022 als Junior Legal Managerin bei Digital Beat und Gründer.de tätig.