Die Expertin im Finanzkongress-Interview
Jenny Dressel: „Eine Krise ist auch immer eine Chance!“
Featured image: Jenny Dressel
Inhaltsverzeichnis
- Jenny Dressel, wie hat bei dir alles angefangen: Warst du schon immer an Finanz-Themen interessiert oder gab es einen Auslöser?
- Was waren finanziell gesehen, deine größten Pleiten und Erfolge?
- Welche Strategien verfolgst du, um langfristig finanziell erfolgreich zu sein?
- Inwiefern hat die Corona-Krise in den vergangenen Monaten deine finanziellen Entscheidungen beeinflusst?
- Welchen ultimativen Finanz-Tipp würdest du unseren Lesern für Krisenzeiten mitgeben?
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Jenny Dressel, wie hat bei dir alles angefangen: Warst du schon immer an Finanz-Themen interessiert oder gab es einen Auslöser?
Mit Finanzen hatte ich bis 2018 gar nichts am Hut. Ich habe mein Geld lieber hängend im Kleiderschrank als in meinem nicht vorhandenen Depot gesehen. Um die Rente oder finanzielle Absicherung habe ich mir zu keiner Zeit Gedanken gemacht, denn ich lebte im festen Glauben daran, dass es der Staat schon für mich richten würde. Schließlich zahlte ich seit meinem 18. Lebensjahr in die staatliche Rente ein. Was also sollte mir passieren? Dass 3 von 4 Frauen von Altersarmut betroffen seien, hielt ich für eine Übertreibung und wenn schon: Ich bin davon garantiert nicht betroffen. Was für ein Trugschluss!
Ende 2017 entschied ich mich dazu mich selbstständig zu machen und damit fiel dann auch die staatliche Absicherung für mich weg. Was für ein Schock! Ich habe mich total alleingelassen gefühlt und empfand es als Bestrafung, dass man als Selbstständiger nicht mehr ohne weiteres in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen kann. Dass, was ich früher als Fluch empfand, ist heute ein Segen für mich, denn unser deutsches Rentensystem ist so veraltet und überholt, dass es sich bis zu meinem regulären Renteneintritt in 2057 nicht mehr tragen kann und wir hier wohl als Ruheständler nur noch eine minimale Grundsicherung erhalten.
Aktien und ETFs als individuelle Altersvorsorge
Auf der Suche nach einer individuellen Altersvorsorge bin ich dann auf Aktien und ETFs gestoßen. Wertpapiere waren früher für mich immer ein rotes Tuch, denn es war meiner Meinung nach nur Männer bzw. reichen Menschen vorbehalten auf dem Börsenparkett zu agieren. Was für ein Quatsch! Ich habe mich wochenlang intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt: Bücher gelesen, Videos geschaut, an Seminaren teilgenommen und Podcasts gehört. Dann habe ich mich 2018 so fit gefühlt, dass ich meine ersten ETFs und Einzelaktien gekauft habe. Was für ein Gefühl! Seitdem bin ich total geflasht von dem Thema „Börse und Investieren“ und es vergeht kein Tag, an dem ich mich nicht damit beschäftige. Dank meinem Instagram-Account „Aktien für Frauen“ habe ich über 25.000 anderer Investoren und Investorinnen, mit denen ich mich austauschen kann.
Was waren finanziell gesehen, deine größten Pleiten und Erfolge?
Meine Top-Aktie aus 2019 ist leider mittlerweile meine größte Flop-Aktie. Der Starbucks-Herausforderer aus Fernost – Luckin Coffee – hat ein fulminantes Börsendebüt hingelegt und ist rasant gewachsen. Kurzzeitig lag ich mit meiner Aktienposition mit knapp 200 % ordentlich im Plus. Im März 2020 wurde dann klar: Fast alles Betrug! Umsätze in Höhe von Hunderten Millionen Dollar waren fingiert. Der Aktienkurs brach völlig zusammen. Luckin Coffee flog aus dem Nasdaq und meine Position rauschte ins Minus. Mittlerweile ist die Aktie nur noch außerbörslich zu handeln und zum reinen Zocker-Wert verkommen. Ich halte meine Position aber dennoch, da ich zu so einem günstigen Zeitpunkt damals eingestiegen bin, dass ich darauf vertraue mein Geld „retten“ zu können. Wir werden sehen.
Welche Strategien verfolgst du, um langfristig finanziell erfolgreich zu sein?
Begonnen habe ich mit einer ganz klassischen Buy & Hold Strategie. Einmal kaufen und nie wieder anschauen war meine Devise. So habe ich circa ein Jahr agiert, bis ich gemerkt habe, dass das nicht für mich funktioniert. Mittlerweile sind einige Positionen, die sich nicht nach meinen Wünschen entwickelt haben, z. B. Intel, SAP oder Fuchs Petrolub wieder aus meinem Depot verschwunden. Ich persönlich möchte langfristiges Wachstum sehen! Das darf auch gerne langsam passieren, aber ich wünsche mir substantielle und vor allem zukunftsfähige Werte. Das war für mich bei den gerade genannten Aktien nicht mehr gegeben.
Ich scheue mich mittlerweile nicht mehr davor auch mal das Depot aufzuräumen und Aktien zu verkaufen. Hier kann ich immer nur den Rat geben, dies auch wirklich mit Bedacht und reiflicher Überlegung zu tun. Wir kennen schließlich alle den Spruch: Hin und her macht Taschen leer! Da ist was Wahres dran, daher sind solche Verkäufe für mich auch nur die Ausnahme. Mein Portfolio besteht aus Einzelaktien, ETFs und P2P-Krediten. Auf kurz oder lang wird auch noch eine kleine Position Edelmetalle folgen. Ebenso möchte ich mich in diesem Jahr mit dem Thema Immobilien auseinandersetzen und prüfen, ob das was für mich ist.
Die besten Finanztipps für Krisenzeiten
Im Rahmen unseres Finanzkongress 2022 haben wir die Experten gefragt: Was sind ihre besten Finanztipps für Krisenzeiten?
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Inwiefern hat die Corona-Krise in den vergangenen Monaten deine finanziellen Entscheidungen beeinflusst?
Da ich ja auch noch ein Newbie bin, war der Crash im Frühjahr 2020 für mich eine absolute Probe aufs Exempel. Wie verhalte ich mich? Was lösen die tiefroten Zahlen in meinem Depot bei mir aus? Wie hoch ist meine Risikobereitschaft? Zu der war ich für mehrere Wochen in Thailand und habe das Börsengeschehen nur am Rande verfolgt. Da ich (wie wohl was alle) nicht darauf vorbereitet war, habe ich für mich total falsch agiert. Es boten sich damals optimale Kaufgelegenheiten, denn viele Aktien haben endlich nach dem ständigen Kursanstieg eine Korrektur erhalten und waren günstig zu haben. Ich hingegen habe bei fast all meinen Aktien auf der Watchlist auf den Tiefpunkt gewartet. Der kam auch, aber ich habe sie nicht genutzt und so konnte ich diese günstigen Einstiegskurse nicht für mich nutzen. Hingegen mein damaliger Lebenspartner genau das Gegenteil gemacht hat und wirklich ohne wenn und aber gekauft hat. Das Ergebnis: Sein Aktiendepot erstrahlt in den schönsten Farben (in dem Fall Grün) und er liegt mit allen seinen Positionen sehr gut im Plus. Ich war damals zu zögerlich und weiß nun wie ich bei der nächsten Korrektur zu handeln habe. Meine Cashreserven liegen bereit, von mir aus kann es jetzt losgehen!
7 Aktien-Tipps, um mit Wertpapieren Geld zu verdienen
Tipp 1: Verstehe, in was du investierst
Aktien machst, ist, dass du weißt, in welche Firma du investierst. Lese dich daher genau in die vergangenen Geschäftskennzahlen, den Geschäftsbericht und die volkswirtschaftlichen Prognosen ein, um einen besseren Eindruck von den bisherigen Entwicklungen des Unternehmens zu bekommen. Hilfreich kann es hier auch sein, sich an erfolgreichen Investoren zu orientieren, die schon jahrelange Erfahrungen haben. Diese teilen regelmäßig ihre Einschätzungen und Prognosen.
Tipp 2: Investiere nur das Kapital, was du zur Verfügung hast
Ebenfalls einer der wichtigsten Aktien-Tipps ist, dass du nur das Kapital in Aktien investierst, welches du übrig hast. Wenn du beispielsweise vorhast, in den nächsten Jahren ein Haus zu bauen und du schon beginnst dafür zu sparen, solltest du dieses gesparte Geld nicht in Aktien anlegen. Denn wenn du das Geld angelegt hast und die Börse gerade in dem Moment eine Schwächephase hat, in dem du das Geld brauchst, musst du deine Aktien mit Verlust verkaufen.
Tipp 3: Nicht alles auf eine Karte setzen
Wenn du dich nun genau über eine Aktie informiert hast und gerne in diese investieren möchtest, solltest du das niemals mit deinem gesamten verfügbaren Kapital tun. Du solltest dir mindestens noch eine andere Aktie, besser sogar mehrere, raussuchen, in die du ebenfalls investieren möchtest. So lässt sich das Risiko eines hohen Verlustes, sollte die jeweilige Aktiengesellschaft starke Verluste machen oder Pleite gehen, minimieren.
Tipp 4: Nicht spekulieren sondern lieber anlegen
Viele Menschen stellen sich den Handel mit Aktien so vor, dass es einen ständig Wechsel zwischen Kaufen und Verkaufen von Aktien gibt. Tatsächlich ist dies aber meistens nicht der Fall. Dass man eine Aktie, die man gerade erst gekauft hat, nach wenigen Tagen wieder verkauft, sollte nur eine Ausnahme darstellen. Der wer ständig schnell wieder verkauft produziert mehr Kosten als Gewinne. Denn bei jedem Kauf und Verkauf von Wertpapieren fallen Kosten an, die durch die Aktie erstmal wieder reingeholt werden müssen. Hier lohnt es sich also, Aktien länger zu halten.
Tipp 5: Geduld zahlt sich aus
Wer glaubt, dass er mit Aktien schnell Geld verdienen kann, der muss sich leider nach einer anderen Geldanlage umschauen. Denn wer sehr schnell Geld braucht, der wird unweigerlich auf ein risikoreiches Investment setzen müssen. Und das kann schnell in hohen Verlusten enden. Wer hingegen Geduld beweist und langfristig anlegt, hat wesentlich höhere Chancen, mit Gewinnen aus der Sache herauszugehen. Mit der Zeit sinkt auch das Risiko deutlich, mit Aktien Geld zu verlieren.
Tipp 6: Kursschwankungen aussitzen
Natürlich kann es immer mal dazu kommen, dass sie Aktienkurse eine Zeit lang in den Keller gehen. Schwankungen sind hier völlig normal und werden auch immer wieder vorkommen. Wichtig ist hierbei nur, dass man sich nicht davon verunsichern lässt. Es bringt rein gar nichts, wenn man in Panik gerät und schnell alle Aktien verkauft. Es bringt in den meisten Fällen mehr, wenn man einfach abwartet, bis sich die Kurse wieder erholt haben und man wieder im Plus ist. Wer sich absichern will, kann eine sogenannte „Stop-Loss“-Grenze setzen. Dabei handelt es sich um einen Wert, ab dem die Anlage in jedem Fall verkauft wird. Auf der anderen Seite kann so ein Tiefpunkt des Kurses ein guter Zeitpunkt sein, um weitere Aktien günstig nachzukaufen.
Tipp 7: Anlage ständig im Auge behalten
Auch wenn es sich lohnt Aktien langfristig anzulegen, heißt das nicht, dass du diese in den nächsten Jahren nicht mehr beachten musst. Auch Zukunftsprognosen können sich ständig ändern. Hier kann es sich empfehlen, sich einen Anlageberater zur Hilfe zu nehmen, mit dem man einmal im Jahr sein Depot bespricht und zusammen überlegt, welche Anlagestrategie in Zukunft Sinn macht.
Welchen ultimativen Finanz-Tipp würdest du unseren Lesern für Krisenzeiten mitgeben?
Eine Krise ist auch immer eine Chance!
- Tipp Nr.1: So wenig wie möglich ins Depot schauen. Durch den volatilen Markt hat man täglich ein komplett anderes Bild von seinen Aktienpositionen. Wir müssen immer bedenken, dass es sich hier nur um eine Momentaufnahme handelt und wir den Blick langfristig legen sollten. Was heute noch Rot ist, kann, wenn es sich um einen wachstumsstarken und substantiellen Wert handelt, in ein paar Jahren zum absoluten Depotliebling werden. Daher nicht in Panik geraten und blindlings verkaufen, sondern das Unternehmen und die Kennzahlen auf Herz und Nieren prüfen.
- Tipp Nr. 2: Eine Cashreserve auf dem Depotkonto haben, um möglichst schnell agieren zu können. Wie bereits erwähnt ist der Markt aktuell sehr unruhig. Da ergeben sich schon durch kleinste Negativschlagzeilen tolle Kaufgelegenheiten, mit denen wir unsere Positionen z. B. nochmal aufstocken können. Wichtig hier: Ich kaufe gerne tranchenweise und habe immer noch etwas Geld in der Rückhand, um dann nochmals nachkaufen zu können.
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Über den Autor
Victoria Heinzlmeier
Victoria machte 2019 ihr Abitur in Köln. Vor Beginn ihres Studiums absolviert sie ein Praktikum in unserer Online-Redaktion und ist somit als Redakteurin vor allem für die Content-Erstellung zuständig. Insbesondere unterstützt sie uns bei den Finanzkongress-Interviews, baut das Gründerverzeichnis weiter aus und schreibt fleißig aktuelle News. In ihrer Freizeit liest sie gerne Romane und Biografien und spielt seit Kindheitstagen Tennis.